In diesen Tagen beginnt nach dem endlosen Sommer wieder der schnöde Alltag für die freizeitverwöhnten Kinder – und auch für die, die erleichtert die Arbeit, die Hacke, den Hammer beiseite legen und froh sind, dass die Plackerei für die nächsten Monate „nur“ aus Mathe und Grammatik bestehen wird. Kinderarbeit ist in der Türkei noch ein Thema, besonders in den Ferien.
Nicht umsonst sind die Sommerferien so lang, da sonst in den landwirtschaftlich geprägten Gebieten die Kinder während der Erntezeit zuhause bleiben müssten. Für viele dieser Kinder ist die Schule ein Privileg, das sie gerne wahrnehmen, auch wenn es „nur“ die vielgeschmähten Imam-Hatip-Schulen, die sogenannten Predigerschulen sind…. große Aufregung in der ausländischen Presse, als diejenigen, deren Prüfungsergebnisse nicht für die rennomierten FEN oder Anadolu Gynmasien ausreichen und die jetzt mangels Alternativen (z.B. Berufsbegleitende Gynmasien, die nach der Umstellung des Schulsystems auf 12 Jahre Schulpflicht mit den Plätzen noch hinterher hinken) ebeen diese Imam Hatip Schulen besuchen müssen.
Dabei wird aber oft unzulässig verkürzt, denn diese Schulen haben denselben Lehrplan wie die normalen Schulen, allerdings zusätzlich 4 – 6 Wochenstunden Religiösen Unterricht. Früher schon schickten gläubige Eltern ihre Kinder gerne an die Imam Hatip, weil man sie dort gut untergebracht glaubte – allerdings musste man jahrzehntelang in Kauf nehmen, dass Absolventen dieser Schulen wesentlich höhere Abschlussnoten brauchten, um einen Universitätszugang zu bekommen. Bei gleicher Leistung, wohlgemerkt. Auf den Wartelisten wurden Imam-Hatip-Schüler automatisch ans Ende gesetzt, auch hinter Schüler mit schlechteren Ergebnissen.
Dies wurde vor 2 Jahren unter großen Protesten der Opposition abgeschafft. Nun sind aber nach wie vor die Imam Hatip Schulen, die aus dem Boden gestampft wurden, aber nicht auf das erhoffte Interesse stiessen, diejenigen Schulen, die die nicht so erfolgreichen Schüler aufnehmen müssen, da andere Kapazitäten nicht vorhanden sind. Die Abschlussprüfung nach der Mittelschule ist bedeutsam, da die Punktzahl über die Wahlmöglichkeiten der Schüler entscheidet – je höher, desto größer die Auswahl.
Sogar Stipendien an Privatschulen werden nach diesen Prüfungsergebnissen vergeben. Daraus jetzt zu schliessen, dass „Hunderttausende Schüler in islamische Schulen“ gezwungen würden, ist eine ziemliche Pirouette… was wäre denn vor der Einführung der 12-jährigen Schulpflicht mit diesen nicht erfolgreichen Schülern geschehen? Richtig – siehe oben. Abgang nach der 8. Klasse und Hacke und Hammer statt Mathe und Grammatik. Ob das wirklich so erstrebenswert wäre? Sinnvoller wäre selbstverständlich gewesen, den Schülern, die nicht das Zeug zu einer höheren Schulbildung haben, den Zugang zu einer qualifizierten Berufsausbildung zu eröffnen, statt sie weitere 4 Jahre in der Schule absitzen zu lassen. Zumal sich das sicher auf die Unterrichtsqualität in den Imam Hatips auswirken wird – in einigen Jahren werden sich nämlich auch gläubige Eltern sehr gut überlegen, ihre Kinder zu den Schülern in die Klasse zu geben, für die es die einzige Alternative war. Da hat man sich einen Bärendienst erwiesen – begriffen haben das aber wohl weder die Gegner, die zwangsweise religiöse Erziehung vermuten, noch die Fürsprecher, die eine gläubige Jugend heranziehen wollen. Dafür ist ohnehin mehr notwendig als nur Religionsunterricht…
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