Geradezu unglaubliches scheint gerade in Deutschland vorzugehen, glaubt man den Online-Zeitschriften und den sozialen Medien… dass Zigeunersoße und Negerkuss nunmehr anders heissen sollen, um nicht die Gefühle von Minderheiten zu verletzen, mochte man ja gerade noch verstehen… obwohl sich mir die Diskriminierung durch diese durchaus sehr leckeren Lebensmittel nicht wirklich erschliesst, denn ich verbinde mit einem feinen Zigeunerschnitzel oder einem schokoladigen Negerkuss ausschliesslich pures Wohlbehagen.
Das wurde noch (wie die Abschaffung des Negerkönigs in Pippi Langstrumpf und die Umwidmung der 10 kleinen Negerlein in Jägerlein) mehr so als bizarre Randerscheinung gehandelt, über die man nur noch den Kopf schütteln konnte.
Was jedoch in den letzten Wochen durch die Presse ging, war in meinen Augen gelinde gesagt erschreckend. Da meldete ein Provinzblog den Untergang des christlichen Abendlands, ausgehend von der KITA Leimenkaut. Ein Aufschrei ging durchs Land und Morddrohungen bei der Kita ein. (Nein, das ist leider keine Übertreibung!).
Was war geschehen? Auf einem Plakat kündigte besagter Hort des Bösen, also die Kita Leimenkaut in Bad Homburg, ein Sonne-Mond-und-Sterne-Fest an. Ein Blog schrieb darüber, eine rechtslastige Internet-Schmutzpostille nahm sich des Schutzes christlicher Heiliger an und schrie Zeter und Mordio: Man nimmt unseren deutschen, christlichen Kindern den Sankt Martin weg! Und alles nur, um die Gefühle anderer Kulturen nicht zu verletzen! (die aus der Sicht dieser Populisten auf keinen Fall schutzwürdig ist). Und die etablierten Medien sprangen flugs auf den populistischen Zug auf.
Krönung war der Kommentar eines Moderators im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks, es würde ja noch fehlen, dass man die St.Martins-Umzüge in Sonne-HALBmond-und-Stern-Fest umbenennen würde. Der virtuelle Stammtisch geiferte und tobte. Was da zu lesen war, liess mich am Verstand und an der moralische Reife vieler Kommentatoren zweifeln, und der teilweise ungehemmte Haß war erschreckend, das Zitieren der Haßtiraden erspare ich mir und Ihnen.
Die Kita erhielt in den Tagen darauf Drohmails mit übelsten Beschimpfungen, der St. Martins-Zug (der auf dem Plakat auch unter der Überschrift immer so hiess) musste unter Polizeischutz stattfinden, auch wenn die Kita schnell aufklärte, wo der Begriff herkam: von einer Sternchensuppe, die schon seit den späten Neunzigern zu dem Namen geführt hatte. Eskaliert ist die ganze Sache erst, als sich rechtslastige Blogs und übereifrige Medien der Sache annahmen.
Und diejenige, deren Gefühle angeblich geschützt werden sollten, nämlich die Muslime, hatten mit der ganzen Sache gar nichts zu tun und haben meist auch kein Verständnis für solche Aktionen, sahen sich aber wieder einmal gezwungen, sich von etwas zu distanzieren, das sie weder gewünscht noch zu verantworten haben. Eine Entschuldigung oder Distanzierung der Medien, die die ganze Hezkampagne losgetreten haben, ist aber bis heute vergeblich zu suchen.
Man jagt dafür wieder eine neue Sau durchs Ort: Es sei ja wohl eine Schweinerei, dass Muslime Weihnachtsgeld bekommen. Schliesslich würden sie das Fest ja nicht feiern., und somit stünde ihnen das auch nicht zu, meint der virtuelle Stammtisch – Weihnachtsgeld nur für Christen, ist die Devise.
Ich kann mich allerdings nicht daran erinnern, während meines Arbeitslebens in Deutschland die Weihnachtsgratifikation nur nach Vorlage einer Kaufquittung von Weihnachtsgans und Tannenbaum erhalten zu haben. Oder dass mein Arbeitgeber eine Bescheinigung meines Dorfpastors verlangt hat, dass ich regelmäßig die Gottesdienste besucht habe… eigentlich war ich der Meinung, dass diese Gratifikation aufgrund des Geschäftserfolgs und nicht der Gottesfürchtigkeit ausgezahlt wurde. So kann man sich irren. ODER?
Zumindest wäre das doch ein probates Mittel, die leeren Kirchen in Deutschland wieder voll zu bekommen…
((Foto von Cyrond über Flickr Creative Commons – http://flic.kr/p/PXgq6))
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