Angekommen. Tagebuch einer Ausgewanderten

Angekommen….

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alanya1 3 20120520 1549428654Ein dringend notwendiger Relaunch meiner allerersten Türkeiseite – erstellt schon in den Jahren 1997/1998 mit meiner Freundin Angela Ruppert (Die heute übrigens in den USA lebt) hat so einiges zutage gebracht… Gedanken aus einer lang vergangenen (und fast vergessenen Zeit)… damals sind wir noch gependelt, ein halbes Jahr hier in der Türkei, ein halbes Jahr in meinem Heimatdorf im Rhein-Main-Gebiet. Nicht zuletzt das Gefühl der Zerrissenheit hat uns (vor allem mich) veranlasst, eine endgültige Entscheidung für die Türkei zu treffen. Bereut habe ich sie bisher noch nie – und das Gefühl, dass immer etwas fehlt, verblasst mehr und mehr… meine Heimat ist hier. In der Türkei. Dennoch lebt ein kleiner Teil dieses Gefühls, das ich 2003 beschrieben habe, weiter – das wird wohl auch nie anders sein. 

 “Der Sehnsucht nach dem Anderswo
kannst Du wohl nie entrinnen:
nach Drinnen, wenn Du draussen bist,
nach draussen, wenn Du drinnen…”

11889624 10153577859039165 8764827947113263636 nManchmal wünsche ich mir….

dass ich meinen Mann nicht in der Türkei, 2500 km von zuhause, kennengelernt hätte, sondern im Nachbarkaff oder sonstwo um die Ecke… Das Leben ist manchmal seltsam halbiert, wenn man einen Partner aus einem anderen Land hat – irgendwas fehlt immer, nie ist es “perfekt”… sind wir in Deutschland, fehlt uns die Familie meines Mannes, die Feste um den Ramazan, das Meer, die Sonne, das “easy going” im Süden, unsere Freunde, die wir in Alanya zurückgelassen haben… Kleinigkeiten wie das immer frische Obst und Gemüse, die Gewürze, die den Geschmack der türkischen Küche ausmachen…
Unser Lieblingsrestaurant hoch auf dem Burgberg, wo man nachts draussen sitzen kann und einen weiten Blick auf das nachtschwarze Meer, die dunklen Berge und den hellerleuchteten Hafen von Alanya hat, einen Raki vor sich (und Moskitos an den Beinen…) Der Dimcay mit seinem eisigklaren, türkisblaugrün schimmernden Wasser, auf einer Matratze gelümmelt, die auf einem Cardak liegt, der leise schaukelnd auf dem Fluss vor sich hin dümpelt…. Hier in der Türkei fehlt mir meine Familie, die vielen Feste im Sommer, die Freunde, die wir in Deutschland zurückgelassen haben…

Auch ein bisschen die “Deutsche Gründlichkeit und Ordnung” in Behörden, die soziale Sicherheit. Die lange Dämmerung im Sommer, wenn das Licht nicht nur langsam zu verblassen scheint, sondern diesen blauen Schimmer annimmt, der der “Blauen Stunde” ihren Namen gegeben hat…. Strassenfeste! Sitzen unter uralten Bäumen, einen Schoppen guten Rheingauer Wein vor sich, Spundekäs und Brezel…. ein alter Hof, buckliges Kopfsteinpflaster, eine Jazzband und einen feinen Roten… Dorffeste, wo man immer die trifft, die man immer trifft… Kultur, Theater, Musik! Irgendwas fehlt immer in so einem zweigeteilten Leben, von irgendjemand und irgendwas muss man immer Abschied nehmen, und jedes Mal tut es gleich weh: man gewöhnt sich nicht daran.

Meistens ist es eine Bereicherung, manchmal eine Belastung, manchmal verwirrend – wo gehört man hin? Für das Wort HEIMAT gibt es keine Mehrzahl – warum wohl?

und wenn man nicht aufpasst…
 ….dann fährt es sich ein nach der Devise: “dort wo Du nicht bist, da ist das Glück”… nicht dass es mir so geht, solange ich mit meinem Mann und meinem Kind zusammen bin, dann bin ich “dort, wo das Glück ist” (mein Gott, wie geschwollen das klingt!!!) aber ich kenne gerade in Alanya sehr viele deutsche Frauen, die teilweise seit Jahren hier leben und krampfhaft versuchen, sich eine 2. Ersatzheimat Deutschland hier aufzubauen – und das, obwohl sie grösstenteils perfekt türkisch sprechen (weitaus besser als ich!)

Sie gehen ins deutsche Restaurant, essen deutschen Kuchen und kaufen zu horrenden Preisen “deutsch” ein. Aber funktioniert das? Viele gehen nach ein paar Jahren resgniert wieder zurück in “die alte Heimat” – und vermissen dort die Türkei. 

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