Angekommen. Tagebuch einer Ausgewanderten

Was ist denn nun klar an diesem Quatsch?

3. Oktober 2015Martina0

Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich gezwungen bin, einen Artikel von vor 2 Jahren noch mal zu recyclen “Wurde St. Martin abgeschafft? Oder die Intelligenz? Oder was? Aber tatsächlich zieht derzeit wieder in Facebook ein völlig sinnfreies Meme seine Kreise. Etwa 10 Minuten Recherche zu den genannten Begriffen förderte zutage, [weiter…]

Die Macht der Bilder und der Platzierung

8. August 2015Martina0

Beeinflussung durch Weglassen oder Bildauswahl… Nicht nur durch negative Berichterstattung kann man ein Land oder einen Politiker negativ darstellen. Auch durch schlichtes Weglassen oder marginalisieren positiver Nachrichten kann man die öffentliche Meinung steuern. Bestes Beispiel in den vergangenen Tagen: dass ein türkisches Paar auf seine Hochzeitsfeier verzichtet hat (die in der [weiter…]

Was ist denn hier los??

3. August 2015Martina0

Wer im Moment aus der “Bild” oder ähnlich gelagerten Medien seine Infos bezieht, der könnte direkt meinen, man lebe in Alanya (oder überall in der Türkei) mitten im Kriegsgebiet. Selbst ich, im Moment in Deutschland und nur sporadisch mit Internet-Zugang versorgt (also keine Chance, türkische Nachrichten nachzuverfolgen) erwische mich gelegentlich bei leicht panischen Anwandlungen… beobachte ich mich doch tatsächlich dabei, meinen Mann am Telefon zu fragen “alles ruhig bei Euch???” DieAntwort ist natürlich “manyak mısın?’ (Bist Du verrückt?) – es ist Hochsaison und der Laden brummt – von wegen ruhig. Aber wenn man ausschliesslich nur auf die deutschen Medien – Print, Radio und TV – angewiesen ist, dann ist der Eindruck wirklich, dass der “Terror” bereits den Strand und die Basare an der Mittelmeerküste erreicht hat….ehrlich gesagt habe ich Verständnis für die Deutschen, die ihren Familienurlaub in diesem Jahr aus Verunsicherung in den Schwarzwald verlegen… aber was ist schon sicher??

Am vergangenen Wochenende (herrlichstes Sommerwetter) starben alleine hier in der Region Rhein-Main etliche Menschen im Straßenverkehr; darunter viele Motorradfahrer und auch Unbeteiligte, die eben nur im falschen Moment am falschen Ort waren. Im Kronberger Zoo brach eine Besucherterrasse ein und der darauf stehende Gasgrill entzündete sich, es gab mehrere Verletzte. Ebenfalls in der Region wurden 13 Kinder verletzt, 7 davon schwer, als ein Traktor mit Anhänger umkippte. In Barcelona wurden mehrere unbeteiligte Passanten bei einer Schießerei in der Fußgängerzone verletzt, was allerdings nur kleine Meldungen unter “Vermischtes” hervorrief (derselbe Vorgang in der Türkei hätte es sicher auf die Titelseite geschafft, aber da steht ja im Moment eher “Türkei erklärt Kurden den Krieg”).

Gehirnwäsche, Infizierte oder die mit dem schmalen Horizont…

Besonders schlimm finde ich dann, wenn man sich als des Türkischen mächtige und seit vielen Jahren in der Türkei lebende Deutsche noch belehren lassen muss, dass man ja schliesslich “gehirngewaschen” sei, “nur das nachplappere, was der türkische Gatte vorgibt” oder sowieso einen eingeschränkten Horizont habe. In einer Mail im Jahr 2013 (nach den Vorgängen um den Gezi-Park in Istanbul) wurde mir doch tatsächlich allen Ernstes mitgeteilt, dass man das Geschehen aus der Entfernung ja ohnehin besser beurteilen könne, da hätte man den Überblick. Äh. Ja.

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Wirr ist das Volk

27. Dezember 2014Martina0

Was im Moment in Deutschland passiert auf den Strassen, ist wahrscheinlich aus der Ferne oder besser: aus den Medien erschreckender als in echt. Hoffe ich zumindest Man traut seinen Ohren kaum, was da scheinbar ganz normale Leute am Rande der „Demonstrationen“ so in bestem Rumpeldeutsch und im Bewusstsein, dass sie recht haben und „das Volk“ auf ihrer Seite wähnend, in die Kamera sprechen. Mal von dem geschassten RTL-Reporter abgesehen, der seinen Job aber sicher nicht wegen der Undercover-Recherche verlor, sondern weil er sich hat erwischen lassen.

Soweit kommt es, wenn ein „irgendwas mit Medien – Student“ auf eine „irgendwas gegen Islam – Demo geht.

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Fasten – das kann doch nicht gesund sein.

27. Juni 2014Martina0

IMG 0344Alljährlich schiebt sich der Ramazan, der Fastenmonat, um 11 Tage weiter nach vorne ins Jahr, weil er nach dem Mondkalender berechnet wird und nicht nach unserem “normalen” Kalender. So wandert er in etwa 30 Jahren komplett durch einen Jahreslauf. Naturgemäss kreuzt der Fastenmonat dann auch einige Jahre den Sommer – und schon geht die Sorge um die Gesundheit der Muslime los… was? Du fastest?? Das ist ja verantwortungslos bei der Hitze, nix essen geht ja noch, aber nix trinken!! Also man sollte schon etwas auf seine Gesundheit achten, nur wegen so´nem religiösen Quatsch seinem Körper schaden!!!” Sprachs und nahm einen tiefen Lungenzug aus der Zigarette.

Um es mal ganz klar auszudrücken (gilt auch für viele Muslime, die nur aufgrund gesellschaftlichen Drucks fasten): wer den Sinn des Fastens nicht begreift, für den bedeutet Ramazan nur Hunger und Durst.

„Das kann doch nicht gesund sein!“

Die Antwort ist einfach: das ist es auch nicht. Behauptet auch keiner…. Es ist gerade jetzt im Juni, wo in der Türkei die Fastenzeit über 16 Stunden beträgt, sehr schwer und erfordert viel Disziplin, das ist wahr. Vor allem das fehlende Trinken bei Sommerhitze finden viele verantwortungslos. Dabei wird der Flüssigkeitshaushalt genauso stabil gehalten, wenn man eben zwischen abends und morgens trinkt, statt zwischen morgens und abends. Sehr schweisstreibende Aktivitäten können allerdings tatsächlich zu Problemen führen, wenn auch nicht unbedingt zu (bleibenden) gesundheitlichen Schädigungen – das ist auch gar nicht gewollt.

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Wurde die Intelligenz abgeschafft? Oder Sankt Martin? Oder was??

15. November 2013Martina0

Geradezu unglaubliches scheint gerade in Deutschland vorzugehen, glaubt man den Online-Zeitschriften und den sozialen Medien… dass Zigeunersoße und Negerkuss nunmehr anders heissen sollen, um nicht die Gefühle von Minderheiten zu verletzen, mochte man ja gerade noch verstehen… obwohl sich mir die Diskriminierung durch diese durchaus sehr leckeren Lebensmittel nicht wirklich [weiter…]

Das Kopftuch! Das Kopftuch!!!!

18. Oktober 2013Martina0

Anfang Oktober wurde das lange erwartete  Demokratiepaket für die Türkei verabschiedet, und als wir das morgens um 10 live im türkischen TV verfolgten, schwante mir schon „Oje – da wird es wieder nur ein Thema geben in den deutschen Medien“… und siehe da „Eilmeldung: Türkei erlaubt Kopftuch im Staatsdienst“ durfte man nur kurz darauf in führenden deutschen Onlinemedien lesen. Der Beißreflex funktionierte wieder einmal wunderbar, etwas wichtigeres als die Aufhebung des Kopftuchverbots schien das Paket nicht zu enthalten, dieser Eindruck wurde erweckt. Dass dabei die Aufhebung eines Verbots als Einführung eines neuen Zwangs dargestellt wurde, ist dann nur noch je nach Medium eine mehr oder weniger elegante Volte. 

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Kein Humba-Tätärää mehr!

30. September 2013Martina0

Gut, man könnte jetzt sagen, ich bin in einer Zeit der Friedensbewegung und Pazifisten groß geworden, ich kann das nicht verstehen. Will ich auch gar nicht. Mir ist dieses militärische Getue in der Türkei zuwider: Panzerparaden am Tag der Jugend, militärische Parolen für Erstklässler, marschieren üben im Gleichschritt beim Sportunterricht, Märtyrer hier, Gefallene da. Der Krieg wird verherrlicht und ein Junge, der nicht zum Militär geht, wird nicht für voll genommen.
Man kann Atatürk Respekt zollen, aber Erwachsene, die am Todestag des Staatsgründers nach Ankara reisen und heisse Tränen in seinem Mausoleum vergießen, sind mir suspekt. Genauso suspekt sind mir in der Türkei lebende Ausländer, die ständig den Spruch “Atatürk würde sich im Grabe rumdrehen” im Munde führen und eifrig an der Verherrlichung mitstricken.

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das war’s dann mit dem Visum

29. September 2013Martina0

Der Europäische Gerichtshof hält an Beschränkungen des Zuzugs von türkischen Staatsbürgern in die EU fest, selbst wenn dies der Dienstleistungsfreiheit widerspricht. Jedes Mitgliedsland kann laut einem Ende September gefällten Urteil die Zuwanderung von türkischen Staatsbürgern nach eigenem Ermessen einschränken.

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es ist zu heiss….

15. August 2013Martina0

Auch wenn das Klima in diesem Jahr relativ gnädig mit uns hier in Alanya und Umgebung war – die Schallgrenze mit der 4 davor erreichte die Quecksilbersäule nur selten – ist der August nicht wirklich einer der schöneren Monate im Jahreslauf. Erschwerend kam in diesem Jahr doch  hinzu, dass die [weiter…]

Nicht mit Ruhm bekleckert

16. April 2013Martina0

…. haben sich in den letzten Tagen die meisten Beteiligten schon im Vorfeld des sogenannten „NSU-Prozesses“, bei dem bei der Sitzvergabe der 50 Presseplätze kein einziges ausländisches Medium – und ich schreibe hier bewusst ausländisch, nicht türkisch – zum Zuge kam.
Das Oberlandesgericht München schon nicht, das erstens keine Notwendigkeit sah, für türkische Medien einige Sitzplätze zu reservieren und sich zweitens absolut unflexibel zeigte, als sich herausstellte, dass man nicht nur in einen Fettnapf erster Qualität getreten war, sondern auch  das Akkreditierungsverfahren fehlerbehaftet war. Wie sich nämlich herausstellte, wurde Jourmalisten, die mehr oder weniger zufällig in der Woche vor der Bekanntgabe anriefen, angekündigt, dass die Akkreditierungsmail wohl „am Montag um 8 Uhr“ herausgegeben werde – und das, nachdem das Gericht in einer Pressemeldung vorab darum gebeten hatte, von Nachfragen abzusehen. [weiter…]

Von Opfertieren und anderen Schnitzeln

30. Oktober 2012Martina0

Das muslimische Opferfest ist gerade „überstanden“, im ganzen Land gab es wieder unzählige Verletzte zu beklagen, die türkische Presse hat den schönen Begriff „Acemi kasap“ geprägt, was soviel bedeutet wie „Metzgerlehrling“…. Zur Belustigung der Zuschauer wurden am ersten Abend des Opferfestes – alle Jahre wieder –  in den Nachrichten Szenen wie in einem Cowboyfilm gezeigt, weil verzweifelte Möchtegern-Metzger versuchen, der wildgewordenen Möchtenichtgern-Opfertiere wieder habhaft zu werden, die sich partout ihrer religiösen Pflicht entziehen wollen, und sei es durch wilde Flucht durch die Innenstadt. Verfolgt werden sie von jenen, die zwar das Geld für ein (prestigeträchtiges) Rindvieh haben, aber für den professionellen Metzger dann zu geizig waren und, den Geboten der Religion folgend, als Familienoberhaupt selbst zum Schlachtmesser greifen wollen. Das tun sie aber ungeachtet der Tatsache, dass zu Zeiten Abrahams jedes Familienoberhaupt zwingend Übung im Schlachten hatte, da man seine Köfte nicht im Supermarkt erstehen konnte. [weiter…]