Aber bitte mit SCHARF!

Türkische Küche ohne Chilli geht gar nicht - aber kennt Ihr auch die Vielfalt?

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Jeder kennt die Frage bei der Döner-Bestellung: “Mit scharf?” Klar – gemeint ist Pul Biber: Chiliflocken. Was man in Deutschland beim Dönermann auf das Dönerfleisch gestreut bekommt, erinnert mich aber immer so ein bisschen an scharfes, rot gefärbtes Sägemehl…. einfach nur scharf, oft bitter – aber kein bisschen Aroma. Auch in den Hotels bekommt man selten wirklich guten Pul Biber – kein Wunder, guter ist relativ teuer und aus 10 kg frischen Chilis gewinnt man maximal 1 kg Pulbiber. Tatsächlich werden nach Untersuchungen von Lebensmittelchemikern gerne Füllstoffe wie Zellulose, Baumwollfasern oder wirklich Sägemehl verwendet. Das kann man aber recht leicht feststellen. Echter Pul biber ist eine Delikatesse, die der Türkischen Küche erst den richtigen “Kick” gibt. 

Woran erkennt man hochwertiges Chilipulver?
Das Gewürz besteht aus kleinen, leicht glänzenden Flocken, die nur ganz leicht “feucht” sind. Die Flocken dürfen beim Reiben nicht knistern und die Finger werden ganz leicht orangerot. Es sollten sich keine Klümpchen bilden. Der Geruch ist angenehm säuerlich/scharf. Die echte Chilischote, die eine flockige Konsistenz hat, gibt nicht viel Farbe ab, wenn sie in Wasser gelegt wird. Echter Pulbiber enthält weder Öl noch Salz und er behält seine Konsistenz wenn man ihn zwischen den Fingern reibt (er zerbröselt nicht). Wenn man einen Teelöffel in handwarmes Wasser gibt, sinkt er nach einmal umrühren sofort auf den Boden, das Wasser färbt sich kaum oder gar nicht (die Farbe löst sich nur in heissen/kochenden Flüssigkeiten oder in Öl).

Sägemehl würde Farbe abgeben und oben schwimmen, Zellulose und andere Fasern lösen sich auf und färben das Wasser orangerot. In der Liste des Landwirtschaftsministeriums der oft gefälschten/gestreckten Lebensmittel ist als einziges typisch türkisches Gewürz Pul Biber enthalten.  

Hier sieht man es recht gut: links echter Ipek Pul Biber, rechts billiger mit Kernen (und offensichtlich alt, weil die Farbe schon ins Hellbraune geht – alter Pul biber verliert seine Farbe) 

Der schärfste Pfeffer, der in der Türkei  angebaut wird, ist der Samandağ-Pfeffer. Der Scoville-Wert dieses in Hatay angebauten Pfeffers liegt bei durchschnittlich 50.000 SHU. Es ist also sehr niedrig im Schmerzranking. Die Scoville-Bewertung der 10 schärfsten Paprika der Welt lautet wie folgt: Carolina-Pfeffer 2.200.000, Trinidad-Moruga 2.000.000, Trinidad-Skorpion 1.463.700, rote Savina Habareno 500.000.

IPEK PUL BIBER – Seidenchilipfeffer
Der beste Pul Biber ist  “Ipek Pul Biber” – Seidenchilipfeffer. Das bedeutet dass Stiele und Kerne vor dem Schreddern entfernt werden. Die Schärfe ist weicher und aromatischer. Die Kerne haben oft eine bittere Note. Ipek Pul Biber wird aus Karamanmaraş Chilis hergestellt; die Kerne werden gründlich entfernt und die Chilis dann in der Sonne getrocknet. Der Ipek Pul Biber hat eine leuchtend orangerote Farbe und riecht angenehm fruchtig nach Paprika. 

URFA ISOT PUL BIBER – Isot Pul Biber

Es gibt auch dunkelrote bis schwarze Chiliflocken: das ist eine Besonderheit aus dem Südosten der Türkei und nennt sich Urfa Pul Biberi oder Isot biberi. Es ist auch der allgemeine Name für Paprika auf Kurdisch. Diese Flocken werden aus einer besonderen Chilisorte hergestellt, dem, klar: Isot Paprika, der vor allem im Bereich Şanlıurfa angebaut wird. Auch die Herstellung und der Geschmack ist anders. Auch hier werden die Kerne vor der Weiterverarbeitung entfernt. 

Im Sommer wird Urfa-Parika an der Sonne getrocket. Diese Paprika erhalten ihre schwarze Farbe durch Fermentierung: Tagsüber liegen sie in der prallen Sonne, nachts werden die Schoten mit Tüchern und Folien abgedeckt, damit sie Kondenswasser “schwitzen”. Dann werden die getrockneten Paprikaschoten zerstoßen, Olivenöl und etwas Salz hinzugefügt. Die heutige Technologie hat die Produktion von Isot ein wenig einfacher gemacht. Bei der alten Methode wird Isot mit einem Hammer geschlagen und gemahlen; das wird heutzutage maschinell erledigt. Das wichtigste Merkmal von Şanlıurfa isot ist, dass er nicht bitter ist. Der Geschmack ist zunächst süß, die Schärfe kommt dann erst hinterher. Die beste Qualität des Isot ist ein dunkles Lila, ähnlich wie Auberginen. Die Farbe ändert sich je nach Sonneneinstrahlung. Je länger sie unter der Sonne liegen, desto dunkler wird das fertige Gewürz. Der Geschmack ist süßscharf, ganz leicht schokoladig und etwas rauchig, man kann es nicht mit anderen Gewürzen vergleichen oder ersetzen. Die scharfen Çiğ köfte – mit rohem Tatar und zunehmend auch ohne Fleisch (Etsiz çiğ köfte, sind dann sogar vegan) – sind ohne Isot einfach nicht denkbar. 
Çiğ Köfte

TATLI PUL BIBER – süsser (nicht scharfer) Pul Biber 
Wer den Geschmack mag, aber nicht gerne so scharf isst, der kann auch speziellen Pul Biber kaufen, der eben nicht scharf ist. Dieser Pul biber wird genauso hergestellt wie “normaler” Pulbiber, aber es werden süße Paprika verwendet. Tatlı Pul Biber findet man nicht so häufig, auch wird er fast immer mit etwas Salz und Öl “gestreckt. Der Geschmack ist nicht ganz so intensiv wie der von echtem Pul Biber, aber eine gute Alternative.  

Wenn man Pul Biber abgepackt kaufen will oder muss: Gute Qualität haben die Marken Bağdat, Öncü, Arifoğlu, Hünkar, Şekeroğlu, İpek, Çınar und Albak. 

BİBER SALÇASI – Paprikapaste

Eine Besonderheit ist die Paprikapaste, die in der türkischen Küche nicht wegzudenken ist. Auch hier gibt es die drei Hauptsorten scharf, mild und Isot (wobei man letztere nur sehr schwer bekommt). Hier gibt es – wie bei der Tomatenpaste, die etwas völlig anderes ist als Tomatenmark – auch große Unterschiede zwischen den Pasten, die man auf den Basaren und im Supermarkt bekommt.

 

Gute Paprikasalca ist nicht nicht püriert und einheitlich rot, sondern man sieht die Paprikaflocken in der Paste. Reine Salca besteht nur aus Paprika und unterschiedlich viel Salz und ist tiefrotorange glänzend (ausser es ist Isot paste, die ist dunkelbraun).  Reine Paprikapaste wird aus scharfen Paprika hergestellt – dafür gibt es zwei Methoden: die eine ist, dass die Paprika im ganzen kurz gekocht und dann durch ein Sieb geschlagen wird, um Kerne und Haut zu entfernen. Die andere ist, die Paprika vorher zu entkernen und dann zu pürieren, um sie ungekocht an der Sonne trocknen zu lassen. Beide Varianten werden mit Salz und oft etwas Öl versetzt und dann in großen, flachen Wannen sonnengetrocknet, bis sie die gewünschte Konsistenz bekommen. Am besten kauft man diese Pasten auf dem Basar offen (dann kann man probieren) oder direkt bei den Erzeugern. 

So hergestelltes Paprikamark ist praktisch unbegrenzt haltbar, auch ausserhalb des Kühlschrankes, während industriell hergestelltes Mark recht schnell schimmelt (man kann das einige Zeit verhindern wenn man das Glas mit Öl auffüllt). Länger als 1 Jahr sollte man es aber nicht verwenden, da das Aroma vergeht und nur die Schärfe bleibt. Bei industriell verarbeiteten Fertig-Paprikapasten ist der Geschmack ganz anders, nicht so intensiv nach Paprika. Der Geschmack der typisch türkischen Hausmannskost ist deswegen so anders und zuhause schwer zu erreichen, weil man insbesondere in Deutschland kaum an die “echte” Salca kommt. 

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