Am Wochenende war wieder Weihnachtsmarkt in Alanya. Ja, Weihnachtsmarkt im muslimischen und generell – auch wenn viele das Gegenteil behaupten – eher konservativen Alanya in der Türkei. Und das heisst nicht wie in anderen türkischen Städten 3-5 Stände von ausländischen Vereinen oder Kirchengruppen in geschlossenen Räumen. Der Weihnachtsmarkt in Alanya kann durchaus von seinem Umfang her mithalten mit anderen Märkten in deutschen Städten. Tausende Besucher, zig Stände und ein exponierter Platz zwischen öffentlichem Strand und Stadtverwaltung sprechen eine andere Sprache. Klar war es mal eine Initiative des Ausländerbeirats und der ausländischen Vereine – am Anfang. Inzwischen ist der Markt eine feste Grösse im Eventkalender der Stadt und Besucher wie Standbeschicker sind grösstenteils türkisch – muslimisch.
Ob jung oder alt, intellektuell und westlich oder nicht, Türke oder Ausländer, alle hatten ihren Spass bei der Sache. Man sah viele Türken mit Nikolausmützen, aber auch Männer in traditioneller Alanya-Tracht oder Frauen in Kopftüchern, die ganz selbstverständlich ihre selbstgebastelten Nikoläuse anboten. Die längsten Schlangen gab es übrigens vor den reichlich vorhandenen Glühweintöpfen. “Sıcak şarap” heisser Wein, war der absolute Verkaufsschlager.
Deswegen habe ich mich gestern wieder neu verliebt in mein Alanya und meine Alanyaner. Mit welcher lässigen Nonchalance sie diesen “urdeutschen” Brauch für sich adaptiert haben. Wie freundlich alle die ausländischen Käufer ihrer in monatelanger Heimarbeit gestrickten Socken bedienen, ihre Kunstwerke und Leckereien anbieten und wie selbstverständlich die Alanyaner diesen Markt besuchen, die ausländischen Leckereien von kambodschanischem Pudding, iranischem Fruchtpunsch, thailändischem Gemüse bis hin zu deutschen Berlinern und Matjesbrötchen geniessen. Wo sonst auf der Welt kann man Einheimische auf deutsche Stimmungsmusik Polonaise tanzen sehen?
Ich bekomme ja immer in Diskussionen um die Türkei zu hören, dass ich ja mehr oder weniger keine Ahnung habe, weil Alanya ja schliesslich nicht die Türkei sei, weil Alanya ja nur ein Touristen-Nepp sei und bei uns ja eh alles nicht mehr so richtig türkisch wäre. Dazu kann ich – besonders seit gestern – nur sagen: Gottseidank stimmt das nicht!! Und dazu nur den Satz von Ursula Greune vom Kirchenverein wiederholen:
“wenn es in mehr Städten so “zuginge” wie in Alanya, dann wäre die Welt ein bisschen besser!”
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